Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 18.11.2002
Aktenzeichen: 7 W 34/02
Rechtsgebiete: HöfeO, BGB


Vorschriften:

HöfeO § 13
BGB § 741
Bringt der Hoferbe zu Bauland gewordene Hofgrundstücke im Wege entgeltlicher Veräußerung zunächst in eine Bruchteilsgemeinschaft ein (an der er selbst beteiligt ist), um auf diese Weise ein förmliches Umlegungsverfahren zu vermeiden, ist für die Bemessung des Ergänzungsanspruchs der weichenden Erben grundsätzlich auf den Erlös aus der Veräußerung an die Bruchteilsgemeinschaft abzustellen und nicht auf die anteiligen Erlöse aus den späteren Veräußerungen der Bruchteilsgemeinschaft an die einzelnen Bauherren.
7 W 34/02

Beschluss In der Landwirtschaftssache

betreffend Nachabfindungsansprüche gemäß § 13 HöfeO

pp.

hat der 7. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichtes Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. #######, der Richterin am Oberlandesgericht ####### und des Richters am Oberlandesgericht ####### als Berufsrichter sowie der Landwirte Dr. ####### und ####### als ehrenamtliche Richter auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Langen vom 24. April 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Abfindungsanspruch der Antragstellerin gemäß § 13 HöfeO Veräußerungserlöse von insgesamt 521.193,66 € zu Grunde zu legen sind.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Sie hat der Antragsgegnerin auch deren im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Geschäftswert wird auf bis 35.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Töchter des am 5. April 1909 geboren und am 21. Juli 1992 verstorbenen Landwirtes W##### B###### sowie dessen Ehefrau Ä######, geborene M######, geboren am 12. Juni 1916.

Der Vater der Beteiligten war Eigentümer eines Hofes im Sinne der Höfeordnung zur Größe von 38.52.18 ha, den er durch notarielle Verträge vom 19. und 28. Dezember 1984 auf die Antragsgegnerin übertrug. Die Eigentumsumschreibung auf die Antragsgegnerin erfolgte unter dem 19. Dezember 1985.

Zuvor hatte die Antragsgegnerin den Hof bereits seit 1970 gemeinsam mit ihrem Ehemann gepachtet und - zunächst gemeinsam mit den Eltern - bewirtschaftet.

Durch notariellen Vertrag vom 29. April 1999 veräußerte die Antragsgegnerin ein Grundstück zur Größe von 651 qm zu einem Kaufpreis von 39.060,00 DM zum Zweck der Errichtung einer Windkraftanlage an die Firma E###### GmbH (Bl. 178 der Grundakten S####### Bl. 333).

Durch weiteren notariellen Vertrag vom 23. Dezember 1998 veräußerte sodann die Antragsgegnerin eine Fläche von 1.86.37 ha an eine zuvor bereits gegründete Bruchteilsgemeinschaft, der die Antragsgegnerin selbst gemeinsam mit 4 anderen Grundstückseigentümern angehörte. Der Verkaufserlös betrug 980.306,20 DM (501.222,60 EUR).

Die Bildung der Bruchteilsgemeinschaft war zu dem Zweck erfolgt, für die Grundstücke, die im Bereich des Bebauungsplangebietes der Stadt L####### "S#######-W#######" lagen, die Durchführung eines förmlichen Umlegungsverfahrens zu vermeiden. Der Eigentumsübergang insoweit wurde am 31. Mai 1999 grundbuchrechtlich vollzogen.

Die Bruchteilsgemeinschaft wiederum veräußerte den größten Teil der zusammengelegten Flächen an Bauwillige und erzielte hieraus bisher Einkünfte in Höhe von 2.220.054,00 DM, wovon auf die Antragsgegnerin 441/1000, mithin 979.258,14 DM entfallen.

Der Streit der Parteien hat seinen Ausgangspunkt in den unterschiedlichen Auffassungen zu der Frage, welches der Veräußerungsgeschäfte hinsichtlich des Baulandes dem Nachabfindungsanspruch der Antragstellerin zu Grunde zu legen ist.

Die Antragstellerin hat hierzu die Auffassung vertreten, ihrem Nachabfindungsanspruch müsse der Erlös zu Grunde gelegt werden, den die Bruchteilsgemeinschaft im Ergebnis durch die Veräußerung der Grundstücke an Bauwillige erziele.

Die Antragsgegnerin hat demgegenüber gemeint, allein interessierender, ausgleichspflichtiger Tatbestand sei die Veräußerung der Grundstücke ihrerseits an die Bruchteilsgemeinschaft.

Das Landwirtschaftsgericht hat durch seinen angefochtenen Beschluss zunächst einen Zwischenbescheid erteilt und festgestellt, dem Nachabfindungsanspruch der Antragstellerin sei der Erlös aus dem Verkaufsgeschäft der Antragsgegnerin an die Bruchteilsgemeinschaft gemäß notariellem Vertrag vom 23. Dezember 1998 in Höhe von 501.222,60 EUR zu Grunde zu legen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die zum einen rügt, das Landwirtschaftsgericht habe bei seiner Feststellung die Veräußerung der Teilfläche von 651 qm zu einem Kaufpreis von 39.060,00 DM zum Zweck der Errichtung einer Windkraftanlage übersehen, zum anderen müsse der anteilige Verkaufserlös der Antragsgegnerin durch die Veräußerung seitens der Bruchteilsgemeinschaft an die Bauwilligen zu Grunde gelegt werden, der insgesamt den bisher geflossenen Betrag von knapp 980.000,00 DM noch erheblich überschreiten werde. Die vertraglichen Konstruktionen des Verkaufs der Flächen zunächst von der Antragstellerin an die Bruchteilsgemeinschaft und sodann von der Bruchteilsgemeinschaft an die Bauwilligen sei entweder als Umgehungsgeschäft einzustufen oder verstoße jedenfalls gegen Treu und Glauben. Es sei auch keineswegs erforderlich gewesen, zur Vermeidung eines förmlichen Umlegungsverfahrens die Grundstücke zunächst in die Bruchteilsgemeinschaft einzubringen. Wenn die Antragsgegnerin das Umlegungsverfahren der Gemeinde abgewartet hätte, hätte sie die von der Bruchteilsgemeinschaft erlösten Verkaufspreise für die gesamten in die Bruchteilsgemeinschaft eingebrachten Flächen erlösen können.

Die Antragsgegnerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Die Bildung der Bruchteilsgemeinschaft sei zur schnelleren Verwertung der Grundstücke wirtschaftlich sinnvoll gewesen. Für die Nachabfindungsanspruch der Antragstellerin sei ausschließlich auf dieses erste Veräußerungsgeschäft abzustellen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Lediglich klarstellend war in den Tenor aufzunehmen, dass dem Abfindungsanspruch der Antragstellerin gemäß § 13 HöfeO ein Gesamterlös von 521.168,47 EUR zu Grunde zu legen ist.

1. Das Landwirtschaftsgericht hat, ohne seine Entscheidung so zu bezeichnen, einen Zwischenbeschluss gefasst. Dies ist unter Berücksichtigung der besonderen Ausgestaltung des Verfahrens in der freiwilligen Gerichtsbarkeit als zulässig anzusehen ( vergl. Barnstedt/ Steffen, LwVG, 6. Aufl., § 21 Rn. 24 u. 27; BGH RdL 1998, 16).

Auch Zwischenbeschlüsse stellen Entscheidungen in der Hauptsache dar und sind daher mit der sofortigen Beschwerde nach § 22 LwVG selbstständig anfechtbar.

2. Bei der Tenorierung ist jedoch vom Landwirtschaftsgericht der Verkaufserlös von 39.060,00 DM (19.971,06 EUR) aus dem Verkaufsgeschäft gemäß notariellem Vertrag vom 29. April 1999 unberücksichtigt geblieben. Insoweit war der angefochtene Ausspruch richtig zu stellen.

3. Im Übrigen hat das Landwirtschaftsgericht zu Recht festgestellt, dass neben dem Verkaufserlös von 39.060,00 DM aus dem notariellen Vertrag vom 29. April 1999 dem Nachabfindungsanspruch der Antragstellerin der Verkaufserlös aus dem weiteren notariellen Vertrag vom 23. Dezember 1998 an die Bruchteilsgemeinschaft in Höhe von 980.306,20 DM (501.222,60 EUR) zu Grunde zu legen ist.

§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 HöfeO stellen auf die Veräußerung des Hofes oder zum Hof gehörender einzelner Grundstücke innerhalb von 20 Jahren nach dem Erbfall ab. Veräußerung bedeutet die Übertragung des Eigentums. Diese Voraussetzung erfüllt der Vertrag der Antragsgegnerin mit der Bruchteilsgemeinschaft vom 23. Dezember 1998. Hierbei handelt es sich nicht um eine - zumindest teilweise - Veräußerung seitens der Antragsgegnerin an sich selbst. Vielmehr wurden sämtliche von den Mitgliedern der Bruchteilsgemeinschaft in diese eingebrachten Grundstücke nach der herrschenden so genannten Einheitstheorie (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl. 2002, § 741 Rdnr. 7) ungeteiltes Eigentum der Gemeinschaft. Dementsprechend wurde auch die Bruchteilsgemeinschaft am 31. Mai 1999 als Eigentümerin der Flächen im Grundbuch eingetragen. Hierdurch trat der Verlust der Flächen aus dem Hofesvermögen ein.

4. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist nicht auf den (anteiligen) Veräußerungserlös der Antragsgegnerin aus den notariellen Verträgen der Bruchteilsgemeinschaft mit den späteren Eigentümern der einzelnen Grundstücke abzustellen.

Bei dem notariellen Vertrag vom 23. Dezember 1998 zwischen der Antragsgegnerin und der Bruchteilsgemeinschaft handelt es sich weder um ein Umgehungsgeschäft, noch hat die Antragsgegnerin es unterlassen, wider Treu und Glauben einen höheren Erlös zu erzielen (§ 13 Abs. 5 Satz 3 HöfeO) noch verstößt der Vertrag in anderer Weise gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Es kann nicht festgestellt werden, dass die von der Antragsgegnerin gewählte Vertragsgestaltung von der Absicht getragen oder geeignet war, unter Verstoß gegen Treu und Glauben die Auskehr eines möglichen höheren Verkaufserlöses an die Antragstellerin als weichende Erbin zu umgehen oder in anderer Weise den Nachabfindungsanspruch der Antragstellerin zu beschneiden.

Das Einbringen des Flurstücks 59 der Flur 102 zur Größe von 1.86.37 ha seitens der Antragsgegnerin in die Bruchteilsgemeinschaft zur Vermeidung eines öffentlichen Umlegungsverfahrens dürfte die Antragstellerin sogar eher begünstigt haben. Zutreffend verweist die Antragsgegnerin darauf, dass ein öffentliches Umlegungsverfahren selbst bei Einvernehmen aller betroffenen Grundstückseigentümer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bis zur tatsächlichen Veräußerung einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hätte als die von der Antragsgegnerin beschrittene Verwertungsform. Dies hätte zu einer Überschreitung der nächsten Degressionsstufe des § 13 Abs. 5 Satz 5 HöfeO geführt. Die Hofübergabe an die Antragsgegnerin ist am 19. Dezember 1995 grundbuchrechtlich vollzogen gewesen, die letzte Stufe der Degression "Verkauf nach mehr als 15 Jahren" wäre also bereits im Dezember 2000 erreicht gewesen und hätte zu einem "Vorweg" zu Gunsten der Antragsgegnerin von 50 % statt 25 % geführt.

Der Antragsgegnerin ist auch nicht vorzuwerfen, durch die Veräußerung ihrer Flächen an die Bruchteilsgemeinschaft zu einem Preis von 52,60 DM/qm es wider Treu und Glauben unterlassen zu haben, einen höheren Verkaufserlös zu erzielen. Zwar trifft es zu, dass die Bruchteilsgemeinschaft die baureifen Grundstücke zu höheren Endpreisen an die Bauherren veräußert hat. Insoweit ist jedoch zu bedenken, dass die Antragsgegnerin für sich allein keine baureifen Grundstücke hätte veräußern können. Erforderlich war vielmehr in jedem Fall ein Umlegungsverfahren. Bei Durchführung eines öffentlichen Umlegungsverfahrens wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des gesamten Verkaufserlöses die 15 Jahresgrenze des § 13 Abs. 5 Satz 5 HöfeO überschritten worden, sodass ein eventueller Mehrerlös durch den höheren Anteil, der der Antragsgegnerin gemäß § 13 Abs. 5 Satz 5 HöfeO verblieben wäre, kompensiert worden wäre. Darüber hinaus müsste sich die Antragstellerin in diesem Fall die Kosten im Zusammenhang mit der Bildung der Bruchteilsgemeinschaft sowie insbesondere diejenigen der Baureifmachung der Gesamtfläche, soweit sie auf die Antragsgegnerin entfallen, entgegen halten lassen. Insoweit wäre neben den Kosten für die Teilung der Grundstücke z. B. auch der Finanzierungsaufwand der Bruchteilsgemeinschaft für den Ankauf der Grundstücke von ihren Mitgliedern zu berücksichtigen.

Nach alledem ist insbesondere keine Benachteiligungsabsicht der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin als weichende Erbin erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 44, 45 LwVG. Der Senat hat es für angemessen erachtet, der Antragstellerin in Anwendung des Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 ZPO die gesamten Gerichtskosten aufzuerlegen, da sie mit ihrem Rechtsmittel mit Ausnahme der Richtigstellung des erstinstanzlichen Tenors keinen Erfolg hatte. Dies gilt in gleichem Maß für die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.

Ende der Entscheidung

Zurück